Unterwegs in der Stadt Trier

Diesen Mittwoch war ich unterwegs in Trier, um mir Initiativen, Projekte und Baustellen anzugucken, die vielleicht nicht immer in der Öffentlichkeit stehen, aber dennoch wichtig sind oder gute Arbeit leisten. Begleitet hat mich dabei der Genosse und Juso Nils Claasen.

Los ging es mit einem Besuch im Schammatdorf, einem der ersten inklusiv-gemeinschaftlichen Wohnprojekte der Republik. Das Schammatdorf wurde in seinem Kern im Jahr 1979 gegründet mit dem Ziel als „Dorf in der Stadt“ Menschen aller Generationen, Geschlechter, mit oder ohne Handicap und unabhängig der ihrer Herkunft zusammenzubringen. Das zeigt sich auch in der Architektur: Alle Wohnungen sind in einstöckigen Gebäuden um einen gemeinsamen Innenhof mit Bänken und Sandkasten gebaut. Austausch mit den NachbarInnen und Partizipation/Teilnahme an der Gemeinschaft sollen so gefördert werden. Insgesamt sind es momentan 144 Wohnungen, 40 davon barrierefrei, die in 11 Wohnhöfen aufgegliedert sind. Etwa 250 Menschen leben hier. Darunter übrigens auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihr Mann! 

Auch das Schammatdorfzentrum mit seinem Dorfplatz und vielfältigen Nutzungsmöglichkeit steht allen Menschen, Vereinen und Gruppen zur gemeinsamen Nutzung zu Verfügung. Ein Angebot, das gerne und häufig angenommen wird! Anja Loch, die „kleine Bürgermeisterin“, und Norbert Hellenthaler, 1. Vorsitzender des Schammatdorf e.V. haben mir vor Ort alles Notwendige gezeigt und mir viel aus dem gemeinschaftlichen Leben vor Ort, mit allen schönen Seiten, aber auch Hürden, erzählt. Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Arbeit und will sie gerne in Zukunft unterstützen!

Wer mehr über das tolle Projekt erfahren will, findet hier Infos: https://www.schammatdorf.de 

Danach ging es weiter zum Südbahnhof, wo wir den langjährigen Genossen Raimund Scholzem aus dem lokalen SPD-Ortsverein Süd getroffen haben. Raimund setzt sich mittlerweile seit über 20 Jahren dafür ein, dass der Bahnhof endlich barrierefrei wird. Denn die Gleise und damit der Zugang zu den Zügen befinden sich einige Meter über dem Straßenlevel und sind nur über eine längere Treppe erreichbar. Für Menschen, die zum Beispiel auf Rollatoren und Rollstühle angewiesen sind oder einen Kinderwagen dabei haben ist das ein kaum bis unüberwindbares Hindernis! Auch für Radfahrende ist das natürlich alles andere als angenehm. Dabei sind Süd auf der einen und Heiligkreuz auf der anderen Seite der Gleise zwei sehr bevölkerungsreiche Wohnviertel von Trier. Bisher scheiterte ein Ausbau aber immer wieder an Umplanungen, Verzögerungen oder anderen Hindernissen. Schon meine Vorgängerin Katarina Barley hat das Anliegen unterstützt, ich werde das auch tun.

Dann folgte ein kleiner Snack im Süd-Back mit Plausch. Die Verkäuferin sprach mit mir über die neu eingeführte 30er-Zone und freute sich über die Verkehrsberuhigung (sowohl Tempo als auch Lärm), die in ihren Augen allerdings auch mehr kontrolliert werden müsste. Übrigens ein Erfolg der lokalen SPD dank eines einstimmig durch den Ortsbeirat angenommenen Antrags, der gemeinsam mit den Grünen eingebracht wurde. So geht überparteiliche Kommunalpolitik.

Der nächste Stopp war bei SPD-Ortsverein-Vorsitzendem Joachim Bell und Ortsbeirätin Anne Ibsch-Wolf in Heiligkreuz. Als Nächstes ging es zum ehemaligen Umspannwerk. Es soll zu einem Begegnungszentrum umgestaltet werden, dass Gruppen, Vereinen und Jugendlichen Raum bietet. Es bestehen jedoch noch bauliche und konzeptionelle Hürden. Die Engagementbereitschaft und Motivation der Bevölkerung sei aber groß und man sei entschlossen, das Projekt umzusetzen. Von dort machten wir einen Rundgang durch einen Teil des Wohngebietes, währenddessen wir uns über die Wichtigkeit von kommunalem und bezahlbarem Wohnungsbau im Allgemeinen unterhielten. 

Ein zentrales Problem, dass Joachim und Anne sehen, ist, dass die öffentliche Hand in Deutschland zu oft Wohnungen und Boden an Private verkauft habe, die kein Interesse an der gemeinschaftsfähigen Erschließung und Nutzung hatten, sondern lieber damit spekulieren. Mietsteigerungen, Verdrängung und sichtbare Kontraste mitten im Viertel zwischen eher wirtschaftlich schwachen und bürgerlichen Haushalten seien die Folge. Kommunen sollten in ihren Augen die Praxis überdenken, ihr Land und ihre Wohnungen zu verkaufen, beziehungsweise nicht dazu gezwungen werden. Der öffentliche Bestand sollte stattdessen vergrößert werden. Dafür haben sie auch innerparteilich einen Antrag geschrieben und ich bin froh, dass die Forderungen Teil des SPD-Zukunftsprogramms geworden sind. Weitere Informationen dazu gibt es hier: https://www.spd.de/zukunftsprogramm/uebersicht/iii-eine-gesellschaft-des-respekts/share/78101/#m78101 

Zuletzt ging es dann nach West, wo wir den Ortsvorsteher Marc Borkam (SPD), Hubert Weis von der SPD-AG 60+ und Renate Heineck, die lokale Quartiersmanagerin an der ehemaligen Lokrichthalle trafen, von wo es auch zur ehemaligen Arbeitersiedlung im Schankenbungert, Ecke Spirostraße und von dort wiederum zum Gelände der ehemaligen Jägerkaserne ging. Das maßgebliche Thema aller Stationen: Wie können Industriebrachen und ehemaliges Militärgelände sinnvoll und nachhaltig neu erschlossen werden? Wie können solche Stellen Teil einer Quartiersplanung werden, die auch die gemeinschaftliche Entwicklung, den zwischenmenschlichen Zusammenhalt, also die soziale Stadt in den Fokus rückt? 

Sowohl beim alten Lokwerk, als auch auf dem Kasernengelände mangelt es bei den Genossinnen und Genossen nicht an Ideen: Wegen des starken Zuzugs nach Trier sollen natürlich Wohnungen entstehen, aber bezahlbar müssen sie sein! Als Kontrast zu den recht neuen Bobinethöfen soll verhindert werden, dass baulich ein „Keil“ in die Mitte des Viertels gesetzt wird, der nicht nur der sozialen Durchmischung schadet, sondern auch eine nicht gewollte Preis- und Mietsteigerung im Umfeld in Bewegung bringt. Schlagwort Gentrifizierung: Erschließung und Aufwertung des Geländes ja, aber keine drastische Erhöhung der Lebenskosten!  Zugleich soll besonders auf dem Gelände der Jägerkaserne mehr möglich sein: Das Glockenturm-Gebäude bietet sich als mögliches Bürgerhaus an, die ehemalige Schießwand könnte zur Kletterwand umfunktioniert werden und Bereiche, die nicht wohnlich genutzt würden, können zu Freizeitflächen inmitten des Viertels werden. Selbst im Ortsbeirat kann man sich, auch dank der guten Moderation von Marc Borkam, oft gut einigen. 

Dennoch gibt es ein zentrales Problem: Aufgrund der eher rigiden Schuldenabbau-Regeln, die die verschuldete Stadt Trier belasten, kann die Stadt diese Projekte nicht selber in die Hand nehmen. Es zeigt sich also, dass die Verschuldung vieler Kommunen wichtige Politik vor Ort hemmt, was wiederum zu Verdruss bei der Bevölkerung führen kann, wie mir Marc, Hubert und Renate erzählten. Dabei sind diese oft nicht einfach so selbstverschuldet, wie es gerne erzählt wird: Kommunen tragen zum Beispiel zu großen Teilen die Kosten für wichtige Sozialleistungen, haben aber selber nur beschränkten Einfluss auf die Entwicklung der gesamtwirtschaftliche Lage, Corona hat auch das wieder sehr deutlich gezeigt. Die SPD hat hier zum Glück im Konjunkturpaket der Bundesregierung letztes Jahr deutliche Erleichterungen gegen die Union raus verhandelt

Es zeigt sich aber, dass die Blockade des ursprünglich geplanten kommunalen Solidarpakts durch CDU und CSU schwere Folgen für Städte und Gemeinden hat und viele Möglichkeiten verbaut

Hier musste Renate sich leider verabschieden, aber ein eigener Termin für ihre Arbeit als Quartiersmanagerin und Projekt-Vernetzungsarbeit rund um das Ziel „soziale Stadt“ ist bereits in Planung.

Mit Marc und Hubert ging es zum Abschluss noch zu den Ruinen des Tempelbezirks Lenus Mars am Irminenwingert, für den sich die beiden eine bessere Nutzung und touristische Erschließung wünschen. 

Fazit: Auch wenn man es nicht immer direkt sieht, ist in Trier unheimlich viel in Bewegung! Es gibt viele tolle Projekte, Potenzial und engagierte Menschen mit Plänen und Lust auf Zukunft. Aber es gibt auch Hürden, die genommen werden müssen. Hier braucht es oft mehr Hilfe von der Bundespolitik, mit denen viel erreicht werden könnte. Umso wichtiger ist es, dass unser Kanzlerkandidat Olaf Scholz an dem Ziel einer stärkeren Unterstützung der Kommunen festhält und ich möchte ihm im Bundestag konkret zeigen, wo wir damit anfangen können!